Tafel 2: Hotel Regina

Hotel Regina

Vom Hotel Jungfrau zum Schulhotel Regina
Bereits 1838 baute der Böniger Grossrat Friedrich Seiler, seines Zeichens Direktor der Parkettfabrik Unterseen, auf dem «Sattlerhübeli» ein Landhaus im italienischen Baustil. Ein Weinhändler übte darin ein Gasthauspachtrecht aus. Am 27. November 1856  verkaufte Friedrich Seiler die Liegenschaft an Hermann von Rappard aus Preussen, wohnhaft damals am Giessbach. Dieser überschrieb die Liegenschaft im Oktober 1858 seinem Bruder Conrad von Rappard, gewesener Inhaber des Engellsches Instituts zur  Herstellung mikroskopischer Präparate in Wabern.

Die Rappards
Rappards hohe gesellschaftliche Stellung beschied dem Haus zahlreiche treue Gäste aus Adel, der Künstlerwelt, aus Finanz und Wirtschaft. Von allen Häusern Interlakens war es das führende Hotel. Langjähriger Gast war auch die verwitwete Königin Elisabeth von Preussen. Zum Bekanntheitsgrad in Künstlerkreisen trug die Malerin Clara von Rappard ganz wesentlich bei.

Jakob Oesch-Müller
Im Januar 1879 gelangte der Jungfraublick in den Besitz des Kavallerie-Hauptmanns Jakob Oesch-Müller, der bisher Direktor des Schweizerhofs in Bern war. Der Jungfraublick erfreute sich bester Frequenzen, was 1904 eine bauliche Erweiterung erforderte. Jakob  Oesch-Müller übernahm 1882 zusätzlich die Pacht des Hotels Mattenhof und war Mitglied der Kurhausgesellschaft und Verwaltungsrat der Brienzer Rothornbahn.

Familien-AG
Wegen finanzieller Probleme schritt man 1904 zur Gründung einer Familien-AG. Geführt wurde das Hotel vom Sohn Paul Oesch. Nach der kriegsbedingten Flaute (1914 bis 1918) ging Paul Oesch auf Werbereisen in die Grossstädte. 1924 ereilte ihn in London eine Lungenentzündung, an der er starb.

Hotel Regina
1954 fiel der Jungfraublick käuflich an die Firma «Immobilien am See Zürich», Tochtergesellschaft des Migros-Genossenschaftsbundes, welche das Hotel unter dem Namen Regina weiterführte. Diese Gesellschaft gewährte ab 1973 auch dem Schweizer Hotelier-Verein (SHV) Gastrecht. Ihm diente das Regina während mehreren Jahren jeweils im Frühling und Herbst als Schulhotel. 1979 beschloss der Schweizerische Hotelier-Verein den Kauf des Hotels Regina. Im November 1981 nahm das Schulhotel Regina nach Aus- und Umbauarbeiten seinen Schul- und Internatsbetrieb auf.

Tafel 2: Hotel Regina

Hotel «Jungfraublick»
1863 erwarb Conrad von Rappard die «Kurhaus Jungfrau AG», die er gemeinsam mit von Greyerz, seinem Schwager Löwe-Kalbe und den Architekten Studer und Davinet gegründet hatte, das Hotel «Jungfraublick», das jetzige «Regina». Es wurde nach Plänen Davinets umgebaut und galt lange Zeit als Anlaufstelle für Erholung suchende Gäste und Freunde der Familie von Rappard. Die Aktiengesellschaf hatte vor, eine grosse Kuranlage auf dem Rugen anzulegen, zu der das Hotel, die Trinkhalle und der Ringweg mit  Aussichtspunkten auf das Oberländer Bergpanorama gehören sollten. Bewegung, Trink-, Bade- und Molkekuren standen auf dem Programm des Projektes, das jedoch nicht zustande kam.

Conrad von Rappard
«Conrad von Rappard war ein vielseitiger und begabter Mensch. Vielleicht oft zu vielseitig, denn immer neue Ideen trieben ihn zu Neugestaltungen, ohne die rechte Bodenständigkeit, wie man es oft bei sehr genialen Menschen findet, deren Interessenkreis weit  gesteckt ist, und deren Fähigkeiten sich überall betätigen möchten. Seine Vielseitigkeit trieb ihn oft auf sehr mannigfaltige Gebiete und machte sein Leben unruhig, aber inhaltsreich. Jedenfalls war er ein besonderer Mensch» lautet die Beschreibung seiner Person im Familienbuch der von Rappards.

Die Portraits, die Clara von Rappard von ihrem Vater malte und zeichnete, zeigen einen stattlichen, gut aussehenden Mann mit gütigen Augen. Conrad von Rappard war von ausgesprochen kooperativer Gesinnung. Vorzugsweise plante er in Gemeinschaft mit  Gleichgesinnten und suchte stets vielfältige gesellschaftliche Kontakte. Seinen Sitz im Frankfurter Parlament verdankte er der Wahl der Mitarbeiter auf seinen Berliner Gütern, die sein grosses soziales Engagement hochschätzten. Er tat sich nicht als Redner hervor und war wohl auch bei den gesellschaftlichen Zusammentreffen eher Organisator denn Wortführer.