Tafel 4: Jungfrau

Jungfrau

Der Rugen, der Privatpark der Rappards
Der Rugenpark mit den phantastischen Ausblicken auf das Oberländer Bergpanorama gab Clara von Rappard die einzigartige Gelegenheit, die Freilichtmalerei auszuüben. Ende des 19. Jahrhunderts galt es immer noch als unschicklich, dass Künstlerinnen in der freien Natur malten und zeichneten. In der geschützten Umgebung des Rugens, den die Familie wie einen Privatpark nutzte, konnte die Malerin die schönsten Landschafts- und Bergmotive ungestört studieren. Spätestens seit 1880, im Alter von 23 Jahren, wandte sie sich der Freilichtkunst zu. «Clara malt fleissig, jetzt die Jungfrau wie sie aus dem Morgennebel hervorragt», heisst es dazu in einem Brief Conrad von Rappards aus diesem Jahr.

Die Jungfrau
Die Vorliebe der Künstlerin galt der Jungfrau, die sie in vielen Variationen festhielt. Diese Gemälde und Zeichnungen stehen in der Schweizer Landschaftsmalerei einzigartig da. Die Ansichten der Jungfrau und anderer Gebirgsmotive geben die momentbezogene Erscheinung wieder: Durch zarte Wolken und Nebelschleier leuchten Schneefelder auf, die Schluchten und Täler versinken im tiefen Schatten. Die Farbpalette beschränkt sich auf Weiss-, Grau- und Blautöne, hier und da mit etwas Grün und Gelb durchsetzt. Sucht man ein Vorbild für diese eigenständige Position, so ist es einzig William Turner, der die Schweizer Gebirgslandschaft Anfang des 19. Jahrhunderts in ähnlichen Licht- und Farbenverhältnissen einfing. Richtete er den Blick auf spektakuläre Naturereignisse, so verweilte Clara von Rappard aber bei den stillen und veränderlichen Formationen von Licht und Schatten, von Wolken und Nebel.

Freilichtmalerin
«Die künstlerische Aufgabe, die ich am liebsten löse, ist immer das möglichst treue Ausdrücken einer augenblicklichen Empfindung, die sich mir plötzlich, blitzartig als vollendetes Bild darstellt, sonnenklar, dass man nur zu fassen braucht», beschrieb die Künstlerin ihren Ansatz. In der Pleinair- oder Freilichtmalerei gelangte sie zum Höhepunkt ihres Könnens. Neben den Landschaften entstanden auch Bildnisse und Portraits im Freilicht, die auf den Eigenwert des Lichts und die individuelle Erscheinung der Dargestellten angelegt waren.

Tafel 4: Humboldtsruhe

Humboldtsruhe

Alexander von Humboldt (1769–1859)
Einer der Freunde Conrad von Rappards, welcher hier an diesem Aussichtspunkt geehrt wird, war der berühmte deutsche Wissenschaftler und Humanist Alexander von Humboldt. Humboldt wurde am 14. September 1769 in Berlin geboren. Er zählt als Mitbegründer der Geographie als empirische Wissenschaft zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der Naturwissenschaften. Um die Wechselbeziehungen zwischen Umwelt und Lebewesen zu ergründen, unternahm er mehrere Forschungsreisen. Indes erlangte er vor allem mit seinen Ansichten zu Natur und Kosmos ausserordentliche Popularität. Kaum ein Forschungsgebiet liess Alexander von Humboldt aus: Wissenschaftliche Feldforschung betrieb Humboldt auch in den Bereichen Physik, Chemie, Geologie, Mineralogie, Vulkanologie, Botanik (er begründete die Pflanzengeografie), Zoologie, Klimatologie, Ozeanographie und Astronomie.

Seine Reisen
1797 befreundete er sich mit den Dichtern Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Seine Reise nach Lateinamerika bescherte ihm den Namen eines «zweiten, Wissenschaftlichen Entdeckers Amerikas». Von 1799 bis 1804 reisten Humboldt und der französische Arzt und Botaniker Aime Bonpland durch Südamerika. Sie erforschten dabei Venezuela, Kuba, Kolumbien, Ecuador, Peru, Mexiko und Teile der USA. In 75 Tagen legten sie 2'000 Kilometer auf dem Orinoko zurück, erforschten den Amazonas und bewiesen dabei, dass es eine Verbindung zwischen den beiden Strömen gibt. In Ecuador bestieg Alexander von Humboldt beinahe den Gipfel des Vulkans Chimborazo. Mit 5'800 Metern hielt er für einige Zeit einen Höhenrekord im Bergsteigen. Während seiner Reise katalogisierte er über 60'000 Pflanzen.

Wissen vermitteln
Nach seinen Reisen publizierte Alexander von Humboldt seine Feldforschungen, hielt Vorträge und Vorlesungen an den Universitäten von Berlin, Paris und Frankfurt an der Oder. Er wollte stets seine wissenschaftlichen Erkenntnisse dem Volk verständlich machen. Von ihm stammt das Zitat: «Mit Wissen kommt das Denken und mit dem Denken der Ernst und die Kraft in die Menge.» Über 1000 Pflanzen, Tiere, Berge, Flüsse und Erzeugnisse tragen heute von Humboldts Namen.

Alexander von Humboldt starb am 6. Mai 1859 in Berlin.

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