Tafel 8: Familie und Portraits

Familie und Portraits

Claras Umfeld
Clara von Rappards geistiges Umfeld wurde aus zwei Quellen gespeist. Zum einen waren es Bildung und Frauenemanzipation, die ihr die Mutter, Albertine von Rappard und die Tanten, Luise Löwe und Juliane Günther-Engell, nahebrachten. Sie wiesen die Malerin in ein selbständiges und selbstbewusstes Künstlerinnendasein.

Zum anderen war es die feste demokratische Überzeugung, die Conrad von Rappard vertrat. 1848 engagierte sich dieser in der linksliberalen Partei «Westendhalle», für die er im Frankfurter Parlament sass. Er gehörte zur Delegation, die Friedrich Wilhelm IV. zum Volkskaiser ernennen wollte. Auch sass er 1849 im Stuttgarter «Rumpfparlament ». Wegen «verräterischer Umtriebe» erhielt er einen Haftbefehl und das Todesurteil, vor denen er über Paris in die Schweiz flüchtete. Gemeinsam mit dem Gesinnungsgenossen Heinrich Simon erwarb er das Gut Mariafeld / Zürich und wandte sich der Mikroskopie zu. Er blieb seiner politischen Überzeugung treu, wahrte Kontakt zu den Revolutionsfreunden und lernte den Berner Rechtsgelehrte Carl Hilty kennen. 1871 wurde Conrad durch Wilhelm I. begnadigt und erhielt ein Mandat im Preussischen Reichstag.

Clara von Rappard hielt die Mutter und Tanten, ihren Vater und seine Mitstreiter auf zahlreichen Bildnissen fest. Seit 1876/77, als 20Jährige, hatte sie sich im Portraitfach spezialisiert, das sie in der Damenklasse an der Berliner Akademie unter Carl Gussow vertiefend studierte. Von ihm erlernte sie die Technik, direkt vor der Natur und ohne grosse Vorzeichnungen die Erscheinung der Modelle einzufangen. In den 1880er Jahren betrieb sie noch einmal intensive Anatomiestudien beim Münchner Bildhauer Johann Christoph Roth. Es entstanden zahlreiche Kohle- und Ölportraits in knapper Über- bzw. Unterlebensgrösse und körperplastischer Wirkung. Generell interessierte sich die Malerin nicht für die Idealisierung oder Ästhetisierung der Dargestellten, ihr ging es um die individuellen Charaktereigenschaften und Gemütszustände. Ihr Portraitstil entwickelte sich von Einzeldarstellungen hin zu szenischen Figurenbildern im Licht- und Schattenspiel.

Tafel 8: Der Scheffelpavillon

Der Scheffelpavillon

Joseph Victor von Scheffel
Dieser Aussichtspavillon ist Joseph Victor von Scheffel gewidmet. Er war ein im 19. Jahrhundert viel gelesener Schriftsteller und Dichter.

Sein Leben
Scheffel wurde am 16. 2. 1826 in Karlsruhe geboren. Er wuchs in Karlsruhe auf als Sohn eines Majors und Oberbaurats, auf dessen Wunsch er von 1843 bis 1847 an der Universität Heidelberg die Rechtswissenschaften studierte, später in München und Berlin. Zusätzlich belegte er germanische Philologie und Literatur.

Die finanziellen Verhältnisse seiner Familie erlaubten es Scheffel, seinen künstlerischen Neigungen nachzugehen.

Um sein Talent als Landschaftsmaler auszuprobieren, reiste er im Mai 1852 nach Rom, wo er aber seine Begabung zum Dichter erkannte. Er trat bald darauf mit seinem Erstlingswerk «Der Trompeter von Säckingen» hervor, welchem schon kurze Zeit später der historische Roman «Ekkehard» folgte, der auf der Lebensgeschichte des St. Gallener Mönchs Ekkehard II beruht.

Von 1857–1859 war er Bibliothekar in Donaueschingen, 1863 in Meersburg bei Freiherr von Lassberg und dem Grossherzog von Sachsen-Weimar auf der Wartburg. 1865 wurde er sächsischer Hofrat. Ab 1872 lebte er krank auf der Mettnau. Scheffel starb am 9.4.1886 in Karlsruhe.

Über die Schweiz
Auf seinen Reisen hat Scheffel auch die Schweiz und das Berner Oberland besucht. In seinem «Bericht über das Welschland» findet man folgende Worte: «Was die Schweiz anbelangt, so hört im Kandertal die Kultur ziemlich auf. Und wie ich mit meinem Freund Martinus, dem Steinhauer von Delsberg, in Kandersteg angelangt, wohin uns der spitzbübisch Wirt in seinem gelben Camelotfrack nur desswillen nächtlicher Weil gratis in seinem Fuhrwerk mitgenommen, dass er uns als unfreiwillige Gäste in der Mausfallen fangen könnt – (NB. und da der Weg bergan ging, war die Wohltat die, neben dem Fuhrwesen einherzuschreiten) – da sprach ich zu Martino dem Steinhauer: In dieser Spelunk bleib ich nit Übernacht.»

Ausschnitt aus einem Gedicht

Waldeingang
Glück auf, mein Marsch hat den Hochwald erreicht,
O Lust, ihn zu beschreiten,
Sein Ruch und Duft erfüllt die Brust,
Hochathmend will sie sich weiten!
Das kleine Gestrüpp, das kriechende Zeug
Verbleib in der Niedrung und thu, was es kann!
Starkstämmig ragt er, sturmtrotzend und kühn,
Und nicht ohne Ehrfurcht betrete ich ihn
Gleich dem, der einer Versammlung sich naht
Der besten Männer des Landes.